Rita: Bevor
wir beginnen möchten wir einen Namen
klären: In vielen Medien trifft man
auf den Brian Kofmehl oder Beat
Kofmehl an, welcher Vorname ist nun
richtig?
CLAUDIO:
Früher nannte sich unser Basser
Brian, aber seit der Reunion ist es
Beat, sein richtiger Name, der gilt.
Beat ist ebenfalls ein Urmitglied
der Band.
Rita: Nun, zur ersten eigentlichen Frage. Was gab den
Ausschlag für eure Wiedervereinigung 2007, bzw. wer von euch war der Initiant?
CLAUDIO:
Das Spirit of Rock, welches
in Winterthur statt gefunden hat!
Die haben uns über Free & Virgin
angefragt, ob wir nicht mitmachen
wollen, 40 Minuten Programm mit
Heaven & Hell, Mötley Crew u.a. Das
war natürlich super, 40 Minuten
bringen wir schon zusammen. Das war
eigentlich der Ausschlag, dass wir
uns wieder zusammen getan haben.
Free & Virgin haben mich angerufen
und angefragt, und so habe ich auch
gleich Eric angerufen, mit dem ich
kurz davor an Silvester einen Gig
gehabt habe. Er war auch ein China
Sänger von früher gewesen. Eric war
begeistert…. danach hab ich Beat
Kofmehl angefragt, er war auch von
Anfang an dabei…. die beiden Billy
und Mack kamen dann hinzu.
Marion: Wie ist Eric zu euch gekommen, er stammt ja aus
den USA?
CLAUDIO:
Dannzumal, nach dem 2. Album,
brauchten wir einen Sänger. Wir
hatten einen amerikanischen
Tourmanager, Allan aus NY, der hat
uns Eric empfohlen, worauf wir ihn
"geholt" haben.
Marion: Ist Eric dann wieder zurück nach Amerika?
CLAUDIO:
Nein, er ist gleich hier geblieben,
wir haben mit ihm 2 Alben gemacht,
danach kam die grosse Pause. Er
blieb trotzdem hier, war Singer und
Songwriter und hat in der ganzen
Schweiz gespielt, konnte auf diese
Weise überleben. Das tut er auch
noch heute, er macht viele Shows
auch alleine.
Rita: Wer schreibt die Songs?
CLAUDIO:
Ich bringe schon viele Ideen zu
Songs und jetzt wo Mack neu ist,
wird er beim nächsten Album bestimmt
auch mal was mitschreiben. Aber in
der Regel macht Eric die Texte, er
ist Amerikaner und macht diese
gleich in Englisch.
Rita: Macht ihr zuerst die Texte, dann die Musik dazu?
CLAUDIO:
Nein, Eric setzt sich hin und macht
die Texte, nachdem die Melodien
stehen.
Rita: Es gibt viele Bands, die machen erst die Texte, dann
die Musik!
CLAUDIO:
Jedem das seine, zuerst muss die
Musik donnern und stimmen, erst dann
sehen wir was dazu passt. Texte sind
dann Eric's Ding.
Marion: Wie lange braucht ihr für einen Song?
CLAUDIO:
Ein Song muss einfach schnell
passieren, innert paar Tagen. Wenn
du länger dran feilst, kommt's
meistens nicht so toll, spontan ist
einfach besser. Auf der neuen CD
hat's schon Ecken und Kanten, die
schnell passiert sind und stimmen.
Rita: Bin jetzt schon gespannt auf's nächste Album,
schreibt ihr etwa schon an neuen Songs?
CLAUDIO:
Zuerst schlachten wir dieses Album
erst richtig aus, dann kommt was
Neues, wahrscheinlich gegen Ende des
nächsten Jahres. Wir proben nicht
mehr soviel, der Rhythmus von Album
zu Album ist länger geworden, wir
üben nicht mehr täglich bzw. so voll
professionell wie früher, denn heute
haben wir Familie und Partnerinnen.
Ein bis zweimal Mal in der Woche
reichen uns.
Rita: "The Very Best Of China" wurde am 30.05.08 released,
nach eurer Reunion kam euer erstes Album "Light Up The Dark" am 29.01.10 raus!
Ihr seid direkt auf Platz 39 der CH Album Charts gelandet. Was bedeutet euch
dieser Einstieg?
CLAUDIO:
Ja, das war natürlich super! Noch
besser gewesen wäre, wenn wir weiter
vorne hätten einsteigen können.
Charts sind natürlich sehr wichtig,
wenn du in die TopTen rein kommst,
heisst das, dass jeder Laden deine
CDs bestellt. Auch hat jeder Laden
zusätzlich seine eigenen TopTen
Charts. Das ist sehr wirksam für den
Verkauf, jeder Radiosender wird auf
dich aufmerksam und spielt deine
Songs. Aber für uns ist Platz 39 ist
ein sehr guter. Es ist heute nicht
mehr so einfach unter die ersten 10
der Charts zu kommen.
Rita: "Sign In The Sky" war 18 Wochen lang in den Charts
und erreichte Platz 2, war das euer grösster Schweizer Erfolg, und hofft ihr da
mal wieder anzuknüpfen?
CLAUDIO:
Für uns war's der grösste Erfolg ja.
Wir haben dort auch Gold gemacht mit
25'000 verkauften CDs, wir dann bis
heute noch paar tausend mehr
verkauft. Damals hatten wir auch
ganz andere Strategien. Wir haben
alles auf eine Karte gesetzt. Die
ganzen Plattenfirmen und
Medienlandschaften haben mit gepusht
und so hat es derart eingeschlagen.
Das war wie Gotthard heute…..
Gotthard gehen mit jeder Scheibe in
die TopTen, oder.
Rita: Die Fans von früher, sind die immer noch da und/oder
sind auch viele junge Fans neu dabei.
CLAUDIO: Es
ist bunt gemischt, von alt bis jung.
Heute gibt bei den damaligen Fans
auch Familie, deshalb gehen nicht
mehr soviel an Konzerte. Aber wir
versuchen mit dieser neuen CD auch
neue, junge Leute anzusprechen. Wir
tönen nicht mehr gleich wie in den
80igern, sondern moderner. Wir haben
uns den heutigen Sounds etwas
angepasst, etwas experimenteller
mitgewirkt, wir sind heute auch im
Jahr 2010. Das Ganze wollen wir
etwas spontaner angehen, nicht wie
AC/DC wo heute wie damals fast alle
Songs gleich tönen. Vielleicht
gibt's auch Songs auf dem Album, die
nicht mehr ganz zu China passen,
aber das spielt für uns keine Rolle,
wir haben einfach den Plausch.
Rita: Geht ihr etwas in die Richtung New Rock?
CLAUDIO:
Nein nicht gerade soweit. Wir haben
einfach mehr gewagt als beim 80iger
Groove. Zum Beispiel "Deadly Sweet"
ist weder ein China Song noch ein
80iger Song. Lust und Freude sind
sehr wichtig und die haben wir.
Rita: Habt ihr noch viele gute Freunde von früher,
Musikerfreunde z.B.?
CLAUDIO:
Klar, wir haben viele Freunde unter
den Musikern, Marc Storage, die
Gotthard-Jungs und mehrere andere.
Auch das Publikum ist nicht mehr
genau wie damals, jedoch sind viele
neue Freunde zu uns gestossen. Wir
schätzen unsere Freunde sehr. Es ist
unter den Musikern meist wie in
einer grossen Familie.
Rita: Rock never die, oder?
CLAUDIO:
Genau, das ist wahrhaftig so.
Rita: Jetzt wo ihr Familie habt, ist die Musik eher zum
Nebenjob geworden?
CLAUDIO:
Nicht für alle…. Eric und ich leben
davon. Wir sind unplugged viel
unterwegs. Ich bin noch etwas DJ und
Veranstalter nebenbei und Eric hat
auch viele eigene Konzerte. Manchmal
sind kleine und private Konzerte mit
dabei, die wir machen. Z.B. Eric,
wenn er alleine auftritt, dann nicht
unter China, sondern mit seinem
eigenen Namen Eric St. Michaels.
Man kann ihn auch unter diesem Namen
buchen. Unter dem neuen Namen
Silver Star sind wir auch viel
unterwegs, das jedoch ist eine reine
Covergeschichte. Es gibt überall
Veranstalter, die möchten dass wir
China spielen und dazu Songs covern.
Das machen wir nicht, wir spielen
als China mit den eigenen Songs. Wir
spielen auch nur Coversongs, aber
dann eben nicht als Originalband
sondern als Projekt unter Silver
Star.
Rita: Ihr macht China mit Herz und Seele!
CLAUDIO:
Natürlich, wir machen China aus
absoluter Freude mit sehr viel
Herzblut. Die Songs haben uns auch
sehr tief getroffen, wir waren
begeistert und sind auch so in die
Aufnahmen, 'huera geil'.
"Light Up The Dark" ist einfach ein
grosses Highlight für uns, obwohl
wir nicht mehr zu grosse Erwartungen
haben, wir rühren ja nicht mehr mit
der grossen Kelle an wie früher. Wir
stehen auch nicht mehr unter dem
Druck der auf uns lastete früher.
Wir MÜSSEN heute nicht mehr das oder
jenes, sondern es geht eher
gemütlich zur Sache mit sehr viel
Plausch.
Rita: Was bedeutet für euch Erfolg haben?
CLAUDIO:
Erfolg ist, wenn viele Leute Freude
an uns haben, lachen und mitsingen,
also unsere Songs kennen. Das ist
jeweils ein Höhepunkt…. wenn das
passiert, das wird von nichts
anderem übertroffen. Dieses ist auch
unser Ziel, und es ist die grösste
Befriedigung wenn die Leute uns
schätzen, zuhören, mitmachen, und
mit uns eben diesen Erfolg teilen.
Klar kann man den kommerziellen
Erfolgsaspekt anschauen, der bleibt
jedoch für uns heute sekundär. Wir
verkaufen CDs und sind froh wenn die
Leute sie kaufen. Es lastet wie
gesagt nicht mehr der Druck von
einst auf uns, wie 'Wir MÜSSEN
CDs verkaufen'! Die, uns super
finden, kaufen unsere CDs auch
sonst.
Marion: Was war euer persönlich grösster Erfolg?
CLAUDIO: Ja
das war wie gesagt "Sign In The
Sky". Da waren wir wie die Grossen
im Nightliner unterwegs, 2 Monate in
Europa, fast jeden Abend einen Gig,
von Norden über Belfast bis runter
nach Rom, rüber nach Barcelona, das
war unglaublich. Und überall wurden
wir gefeiert wie Superstars, dabei
waren wir 'nur' Support, haben 40
Min. gerockt vor Ingwie Malmsteen,
aber die Begeisterung war riesig im
Publikum, das war für mich
persönlich unser grösstes Highlight.
Marion: Von 2003 bis 2007 habt ihr die Pause gehabt. Was
habt ihr dazwischen gemacht?
CLAUDIO:
Ich hatte immer das akustische
Projekt mit Marc Storace. Das war
super, wir hatten tolle Projekte und
Konzerte und waren immer unterwegs,
pro Jahr 40 bis 50 Shows bunt
gemischt.
Marion: Light Up The Dark ist genial!
CLAUDIO: Ehrlich,
super, danke!
Rita: Was erhofft sich die Band von der Zukunft?
CLAUDIO:
Ja, dass wir noch paar Alben
produzieren können, das ist sicher
mal ein Ziel. Wir haben neu
gestartet und wollen das nun auch
durchziehen. Wie gesagt, der
Rhythmus ist etwas anders, nicht
mehr so rasant. Wir können nicht
mehr jedes Jahr ein Album
produzieren, wenigstens alle zwei
Jahre mit längerer Kontinuität eben,
aber noch möglichst produzieren.
Rita: Wird man euch auch noch hören ab der 60iger
Altergrenze?
CLAUDIO: Ja
schon, wenn die Leute noch kommen.
Wir sind natürlich nicht Krokus, die
alte Songs einfach hervor nehmen
können, wir müssen schon härtere
Arbeit leisten. Es kann auch alles
noch besser kommen, wir wollen aber
nicht mehr die Welt erobern. In der
Schweiz gibt es soviele Festivals
und Anlässe, das reicht uns
eigentlich. Allerdings, Deutschland
wäre noch super, am Bang Your Head
Festival und/oder am Sweden Rock
Festival und ähnlich, da schauen wir
für nächstes Jahr mal rein zu
kommen.
Marion: Als du Kind warst, mit wem hättest du gerne
getauscht, oder in wen wärst du am Liebsten rein geschlüpft?
CLAUDIO:
Als kleiner Bub war ich total Status
Quo Fan und wäre am Liebsten mit
Francis Rossi und mit Rick Parfitt
zusammen gewesen. Ich war total
begeistert von den alten Quo. Die
damaligen CDs waren für mich
absolute Hammerscheiben gewesen….
etwas später kamen dann AC/DC….. ich
habe natürlich an die Musiker hinauf
geschaut. Wir waren auch in den USA,
California, wo sich viele Künstler
treffen, leben und/oder auftreten,
aber leider konnte ich noch nie mit
einem Angus Young eins trinken
gehen, das hat nie geklappt *lacht*.
Rita: Wegen der Rechte an den alten China Songs, hattet
ihr da Probleme?
CLAUDIO:
Nein, die alten Songs, wenn wir die
wieder aufleben lassen als China,
sind die Leute die daran Rechte
haben auch froh, denn sie verdienen
immer mit daran. Deshalb ist es für
uns ja kein Problem diese Songs zu
spielen. Wir sind jedoch nicht mehr
so auf das alte Zeug fixiert. Wir
stehen zu unserer Vergangenheit und
spielen auch heute Abend ein paar
alte Lieder. Für uns ist die Reunion
wie ein Neuanfang mit "Light Up The
Dark" unserem ersten Baby. Klar
haben wir noch die alten CDs und
spielen z.B. "In The Mittle Of The
Night". Die Leute fragen auch immer
nach "Shout It Out" und nach "Rock
City" und dann spielen wir die aber
die Regel ist es nicht.
Rita: Spielt ihr nun meist dieselbe Setliste?
CLAUDIO:
Nein, wir ändern immer wieder was
dran. Auch neue Songs werden wir ins
Set hinein nehmen um zu schauen wie
sie ankommen. Mehr als 50% von
"Light Of The Dark" spielen wir ganz
sicher in jedem Set plus ein paar
ältere Songs. Wir sind selbst
begeistert vom neuen Album. Obwohl,
in der Schweiz war die Resonanz auf
das Album erst ziemlich verhalten
gewesen, fast etwas negativ. In USA
freuen sich die Leute und andere
Bands wenn du hart arbeitest und was
Neues bringst. Hier in der Schweiz
eher nicht. Am Anfang tönt's
'Gibt's euch nicht mehr?', dann
machst du was und es ist auch nicht
recht. Ich glaube es ist hier eher
ein Konkurrenzdenken zwischen
einigen Bands, dabei sollte man
zusammen arbeiten, denn die Grossen
machen's vor und haben damit keine
Probleme. Das ist unter kleineren
Bands nicht unbedingt so, was sehr
schade ist, denn gemeinsam kann man
mehr erreichen.
Rita: Bleibt ihr jetzt auf der Schiene von "Light Up The
Dark"?
CLAUDIO: Ja
genau, das befriedigt uns, das haben
wir vor, aus dem Bauch heraus
arbeiten. Wir wollen nicht nach
Grossem streben, sondern einfach so
bleiben und nicht zielstrebig nach
einem Hit gieren. Wir wollen einfach
geile Musik machen, die uns total
befriedigt. Das ist unser heutiges
Bestreben. Was dann mehr dazu kommt
ist einfach Bonus. Wir fünf
verstehen uns super, es harmoniert.
Diese Harmonie muss stimmen und dann
geht's untereinander. Das spiegelt
sich auch auf der CD wieder, wir
haben einen guten Geist über uns und
der bringt's zum Funktionieren.
Rita & Marion: Herzlichen Dank an dich Claudio für das
ausführliche Interview!
CLAUDIO:
Ich danke euch auch herzlich für
euer Interesse!
Blue Visions
Team - Rita & Marion